Stefan Czurda über Angst vor Abenteuern & seine Tibet-Reise

Julia: Hallo Stefan! Freut mich sehr, dass du heute online dabei bist und uns von deinen Abenteuern erzählst. Zu Beginn wäre es natürlich spannend zu wissen, wer du bist und was du machst?
Ich bin eigentlich ganz normal. (lacht) Beruflich bin ich Biologe mit dem Schwerpunkt auf Infektionsdiagnostik und habe lange in der Wissenschaft gearbeitet. Vor 5 Jahren habe ich mich dazu entschieden, dass ich etwas anderes machen möchte und bin dann in den Marketing & Sales Bereich hineingerutscht. Jetzt arbeite ich im Vertrieb für eine große französische Firma.
Julia: Und wie bist du zum Bergsteigen gekommen?
Ich bin jetzt 42 Jahre alt und die Liebe zu den Bergen hat bei mir mit 30 Jahren, nach meiner 3. Pubertät, begonnen. Bei mir hat das Bergsteigen zeitgleich mit dem Fotografieren angefangen, das kann man echt super miteinander verbinden.
Ich habe dann in den Wiener Bergen angefangen und schnell gemerkt, dass ich doch höher hinaus möchte. Daraufhin habe ich verschiedenste Hochtouren- und Kletterkursen beim Alpenverein gemacht. Das war echt aufregend für mich! Weil damals keiner meiner Freunde mit mir bergsteigen wollte, habe ich ebenfalls mit dem Alpenverein meine ersten Touren auf höhere Berge gebucht. Das hat mir dann so gefallen, dass ich begonnen habe 3.000er in Österreich zu sammeln und meine dritte Tour bereits auf den Großglockner ging. Nachdem ich dann 10 Jahre lang in Österreich bergsteigen war, habe ich die Berglandschaften hier ziemlich ausgeschöpft.
Nachdem ich das lange Zeit so gemacht habe, wurde der Wunsch in den Himalaya zu den richtig hohen Bergen zu fahren, immer größer. Als dann privat eine eher schwierige Zeit folgte, habe ich es als Anlass genommen, diese Reise tatsächlich anzutreten. Daraufhin habe ich meine Tibet-Reise gebucht.
Nebenher habe ich immer auf meinem Blog über meine Bergtouren geschrieben und meine Fotos veröffentlicht, da ich nicht wollte, dass sie auf meiner Festplatte verstauben. Mir war es auch wichtig, zu meinen Fotos eine Geschichte erzählen zu können.

Julia: Wie war dann deine Tibet Reise?
Ich war 16 Tage lang dort und habe wirklich viel gesehen. Unter anderem auch das Everest Basecamp, von dort hat man einen wunderschönen Ausblick auf mehrere 8.000er. Tibet kann ich echt jedem als Reiseziel empfehlen! Ich habe meine ganze Reise gefilmt und fotografiert und dabei gemerkt, dass es mir nicht mehr nur ums Bergsteigen an sich geht, sondern darum, die schönsten Berge der Welt zu sehen.

Irgendwann habe ich angefangen meine Abenteuer in Reisevorträgen weiterzuerzählen und das ist immer sehr gut beim Publikum angekommen! Dadurch habe ich während meinen Reisen anders fotografiert, da ich im Hinterkopf immer meine Reisevorträge hatte, wo ich Geschichten zu Bildern erzählen wollte. Auf Reisen im Ausland gings dann auch nicht mehr nur um die Berge, sondern auch um das Essen und die Kultur. Auf meiner Website schreibe ich dann immer meine Berichte nieder, um sie auch selbst nicht zu vergessen.
Julia: Gibt es etwas, das du nach jeder Reise niederschreibst, um dich immer wieder daran zu erinnern?
Eigentlich schreibe ich einfach alles nieder. Was mir besonders wichtig ist, das sind meine eigenen Erfahrungen und Emotionen während meinen Reisen. Äthiopien ist zum Beispiel ein sehr armes, aber wunderschönes Land. Wenn ich von dort zurückkomme bin ich immer dankbar, in was für einem Luxus wir hier leben dürfen. Das hat mich schon beeindruckt, mit wie wenig die Menschen dort glücklich sind. Ich glaube, mir ist es am Wichtigsten meine ganz persönlichen Erfahrungen festzuhalten.

Ich merke auch mit jeder Reise in ein exotisches Land, dass ich offener gegenüber anderen Kulturen werde. Das Reisen ist für mich ein wirklich schöner Erfahrungsschatz, der mich für einige Zeit nährt. Wenn ich aus sehr armen Ländern zurückkomme, bin ich ein halbes Jahr glücklich für alles was ich habe und wie gut es mir geht. Und wenn gerade nicht Corona ist, dann fährt man nach einem halben Jahr sowieso wieder auf die nächste Reise.
Julia: Und was hat Abenteuer für einen Stellenwert in deinem Alltag?
Für mich hat es einen sehr hohen Stellenwert, da man im Alltag seine Routinen verfolgt. Diese sind auch wichtig, aber das Abenteuer ist ein absoluter Kontrast dazu. Beim Bergstiegen kann ich super aus mir rauskommen und meine Grenzen ausloten. Sich aus seinen Routinen zu lösen kann sehr hilfreich sein.
Julia: Was war dein bisher größtes Abenteuer?
Auf jeden Fall meine Tibet-Reise. Obwohl das Bergsteigen an sich immer ein großes Abenteuer ist. Ich finde, man spürt sich da ganz anders und ist voll auf eine Sache fokussiert. Für mich hatte diese Reise eine sehr große emotionale Bedeutung, da es bei mir privat gerade drunter und drüber gegangen ist und ich Tibet als einen Neubeginn angesehen habe. Außerdem war der Moment, in dem ich vor dem Everest gestanden bin, unvergesslich.

Julia: Warst du auf deinen Bergtouren immer allein oder hattest du jemanden dabei?
Ich war nicht immer allein, aber die meiste Zeit schon. Bei schwierigen Touren habe ich mir immer einen Bergführer genommen und an schönen Tagen ist man in den Bergen sehr selten allein. Ganz alleine bin ich auch viel gegangen, aber im Sinne der Sicherheit ist es zumindest zu zweit schon besser.
Julia: Es hat wahrscheinlich auch etwas Meditatives, so allein in den Bergen zu sein, oder?
Ja klar, das hat immer etwas Meditatives. Vor allem die gewaltigen Landschaften! Ich sitze oft einfach zu nur da und schaue mir die Natur an und fotografiere sie. Das mache ich im Moment sehr gerne, da ich nicht mehr den Drang habe, auf jeden Gipfel hinaufzurennen. Eine Zeit lang war ich da schon sehr getrieben, aber jetzt schaue ich mir eher gemütlich die Orte an und nimm mir genug Zeit, um die schönsten Dinge zu fotografieren.
Julia: Hast du große Ziele, wo du unbedingt noch hin möchtest?
Ja, ich habe noch mehrere Ziele. Patagonien zählt sicherlich dazu, aber auch Alaska und Neuseeland. Außerdem möchte ich unbedingt noch einmal zurück in den Himalaya und Nepal erkunden. Ich komme auch sicher wieder auf neue Gedanken, wenn ich mich mit Gleichgesinnten unterhalte.
Julia: Hattest du einen Augenblick auf deinen Reisen, den du nie vergessen wirst?
Ein besonderer Augenblick war bei der Kailash Umrundung, das waren 53km in 3 Tagen. Die Umrundung an sich war sehr anstrengend und ich kann mich noch gut erinnern, als wir am höchsten Punkt angekommen sind und ich einfach unglaublich erleichtert war, dass ich es körperlich so weit geschafft habe. Es gibt aber wirklich viele, manchmal müssen auch gar nicht die größten Strapazen dahinterstecken. Die Stimmung in den schottischen Highlands zum Beispiel ist echt magisch, wie im Märchen!

Julia: Was mich auch noch interessieren würde, was war deine größte Angst vor deinen Abenteuern und wie hast du sie überwunden?
Ich glaube, dass Angst kein guter Berater ist. Natürlich hatte ich immer Angst, aber der Drang es zu tun war immer stärker. Ich denke oft nicht zu viel darüber nach und tu einfach. Bei schwierigen Touren hatte ich sowieso immer einen Bergführer, der mich unterstützt hat. Außerdem kommt man nach einer Zeit sowieso in den Touren-Modus, wo man fokussiert durchzieht.
Ich bin einmal eine knackige Tour auf dem Mönch gegangen und am Schluss muss man einen 300m langen Grat gehen, bei dem es auf beiden Seiten bergab geht. Mein erster Schritt ging gleich daneben, wo ich dann panische Angst und zitternde Knie bekommen habe. Ich musste aber weitergehen und konnte nicht umdrehen. Die ersten Schritte waren zwar noch wackelig, aber dann wird man wieder sicherer.
Generell finde ich schon, dass Angst einen wesentlichen Part beim Bergsteigen spielt, mit der muss man gut zurechtkommen. Aber es fühlt sich jedes Mal gut an, wenn man sie überwunden hat – es zahlt sich also immer aus!
Julia: Was sind deine Tipps, die du anderen Abenteurern geben würdest?
#1 nicht zu viel nachdenken, einfach machen
Wenn du ein Abenteuer im Kopf hast, dann solltest du nicht nach 10 Gründen suchen, warum du es nicht tun kannst, sondern einfach machen!
#2 halte deine Abenteuer in Form von Videos fest
Filme oder Fotografieren diese besonderen Momente, um dich ewig zu erinnern.
#3 Erzähle anderen Geschichten von deinen Abenteuern
Wenn man gerne über seine Abenteuer berichtet, vielleicht auch in Form von Vorträgen, vergesst nie auch eure persönlichen Emotionen einzubringen. Wie hast du dich gefühlt, wie hast du die Kultur empfunden oder wie ging es dir mit deinen Reisepartnern? Geschichten hören die Menschen am Liebsten und Storytelling macht jede Reise gleich noch spannender.
Schaut gerne auf Stefans Blog vorbei: www.sc-fotoblog.com
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