Zu Fuß nach Tibet - Stephan Meurisch über sein größtes Abenteuer

Zu Fuß nach Tibet - Stephan Meurisch über sein größtes Abenteuer

Alex: Hi Stephan, schön, dass du heute für uns Zeit hast. Wir starten wie immer mit derselben Frage, und zwar: Wer bist du und was machst du?

Ich bin ein 40 Jahre alter Abenteurer, der jetzt seit 2 Monaten wieder zurück in Deutschland ist und mit kurzen Unterbrechungen 9 Jahre auf Reisen war.


Alex: Was bedeutet für dich Abenteuer? Welchen Stellenwert hat Abenteuer in deinem Alltag?

Für mich bedeutet Abenteuer, dass ich etwas „starte“ und nicht genau weiß, wie es enden wird. Außerdem definiere ich es auch so, dass ich nicht alles vollständig unter Kontrolle habe, was mir auf meinem Weg passiert. Wenn ich von Abenteuer spreche, merke ich sofort, dass ich ein breites Grinsen im Gesicht habe und mir das einfach Spaß macht. Deshalb versuche ich auch, in meinem Alltag Abenteuer einzubauen – einfach vor der Haustüre.



Alex: Du hast ja schon unzählige Abenteuer erlebt. Was war dein größtes Abenteuer?

Das war sicherlich meine Reise nach Tibet. Ich bin da einfach ohne Plan losgegangen, und das war sehr abenteuerlich und vor allem am Anfang auch beängstigend. Ich hatte auch riesige Angst vorm Scheitern. Ich hatte Freunden und Familie erzählt, was ich vorhatte – also 13.000 Kilometer nach Tibet zu gehen – und es hat keiner geglaubt, dass ich das wirklich schaffen kann. Davor hatte ich Angst – wieder zurück nach München zu müssen und „wir haben’s dir ja gesagt“ von allen Seiten zu hören.


Alex: Wie bist du mit dieser Angst vorm Scheitern umgegangen? Wie hast du dich von dieser Angst nicht von deinem Vorhaben abbringen lassen?

In dem Moment, in dem ich Dinge getan habe, vor denen ich Angst hatte, war ich so voll mit Adrenalin, dass ich eigentlich keine Angst mehr hatte. Das waren Sachen wie beispielsweise nach Essen oder einem Schlafplatz fragen. Aber ich habe gemerkt, dass ich während dem Handeln selbst keine Angst mehr hatte. Für mich ging es immer nur um den nächsten Tag – einfach nur einen Tag weiterkommen, und dann noch einen. Am Abend habe ich immer „gefeiert“, dass ich wieder einen Tag geschafft habe.


Alex: Wie lange hat es gedauert, bis du die Entscheidung getroffen hast, wirklich nach Tibet zu gehen?

Im Endeffekt hat es circa 3 Jahre gedauert, bis ich losgegangen bin. 2009 bin ich den Jakobsweg in Spanien gegangen und da ist dann die Idee herangewachsen, auch mal eine längere Reise zu Fuß zu unternehmen. Ich wollte dann Geld für diese Reise sparen, aber das hat nicht wirklich geklappt. So habe ich dann – nachdem ich auch zu dem Thema recherchiert habe – beschlossen, ohne Geld zu reisen. Abgesehen vom Geld hat sich aber natürlich auch die Frage gestellt, ob man überhaupt so weit zu Fuß gehen kann. Und auch wenn es andere Menschen gibt, die so etwas geschafft haben, war für mich dennoch nicht klar, ob ich das auch schaffen kann.

Ich habe dann langsam begonnen, mir Ausrüstung zu besorgen und meine Wohnung gekündigt, Verträge aufgelöst und so weiter. Meine Mutter hat mir natürlich auch nie geglaubt, dass ich das wirklich machen möchte. Als ich sie dann gefragt habe, was sie denn von meiner Wohnung gebrauchen kann, war sie total geschockt. So ist es aber vielen Menschen in meinem Umfeld gegangen – ich war ja bis 2012 ein komplett „normaler“ Mensch. Ich wusste zwar nicht genau, wofür ich alles, was ich gewohnt war, aufgeben wollte. Aber ich war einfach neugierig und wollte unterwegs sein.


 

Alex: Warst du selbst überzeugt, dass du dein Vorhaben schaffen kannst? War die Reise für dich eher eine psychische oder physische Herausforderung?

Ich habe am Anfang selbst nicht wirklich geglaubt, dass ich es bis nach Tibet schaffen kann – das war ja das erste Mal, dass ich so etwas versucht habe. Aber ich musste mich am Morgen fast nie überwinden, aufzustehen und weiterzugehen. Ich durfte auf meiner Reise so viele Menschen kennenlernen und tolle Sachen erleben. Ich wollte dann natürlich jeden Tag aufs Neue wissen, was mich erwarten wird. Im Endeffekt hat meine Reise dann vier Jahre gedauert – und das hat nicht daran gelegen, weil ich nicht weitergehen wollte, sondern weil ich etwas Angst vorm Ankommen hatte. Mir war bewusst: Wenn ich ankomme, ist diese spannende Reise vorbei. Eigentlich wollte ich ja nur zwei Jahre unterwegs sein, aber ich bin dann öfters einfach länger an einem Ort geblieben und habe dort die Sprache und Kultur kennenlernen dürfen. Ich hatte eine sehr „romantische“ Vorstellung von Tibet und hatte auch Angst, dass diese Erwartungen nicht erfüllt werden.

 

Alex: Wurden deine Erwartungen in Tibet dann erfüllt?

Ich konnte mich in Tibet nicht frei bewegen. Anfangs hat mich das natürlich sehr enttäuscht und traurig gestimmt. Ich durfte zwar einreisen, aber musste mich einer Reisegruppe anschließen und es war genau festgelegt, welche Orte wir besuchen durften. Wir durften auch nicht mit den Einheimischen sprechen, und ich habe mich eigentlich genau in Tibet dann sehr einsam gefühlt. Nachdem ich vier Jahre so frei war, war dies natürlich eine krasse Veränderung. Aber ich habe dann realisiert, dass ich ja trotzdem angekommen bin. Ich durfte auf eine vier Jahre lange Reise durch 13 Länder mit wahnsinnig vielen schönen Begegnungen und Erlebnissen zurückblicken.

 

Alex: In Tibet hast du dich zum ersten Mal einsam gefühlt. War das während deiner Reise sonst nie ein Problem für dich oder hättest du dir manchmal einen „Reisebuddy“ gewünscht?

Beides. Während meiner Reise war ich eigentlich nie allein, da ich immer der „Außerirdische“ mit dem riesigen Rucksack war und alle wissen wollten, wer ich bin und was ich vorhabe. Ich hatte auf der Reise eigentlich kaum Privatsphäre, weil die Menschen immer etwas über mein Abenteuer wissen wollten. Aber in Tibet habe ich das dann wirklich vermisst. Ich wollte auf meiner Reise ja nicht von einer Sehenswürdigkeit zur nächsten gehen, sondern auch mit den Menschen leben und die verschiedenen Kulturen verstehen.



Alex: Gibt es irgendeine bestimmte Begegnung, die dir besonders in Erinnerung geblieben ist?

Für mich ist eine der wichtigsten Begegnungen auch eine der ersten. Mein Plan war es, jeden Tag im Schnitt 16 Kilometer zu gehen und nach zwei Jahren in Tibet anzukommen. Natürlich wollte ich auch mal weiter gehen, um dann einen Tag Pause einlegen zu können.
Ich bin am ersten Tag dann auch gleich 30 Kilometer gegangen und am Abend in einem Dorf angekommen. Dort gab es nur einen Gasthof und es war nass und kalt. Ich habe dann bei diesem Gasthof nachgefragt, ob der Besitzer eine Idee hat, bei wem ich übernachten könnte. Ohne lange zu überlegen, hat er mir angeboten, im Gasthof zu übernachten. Ich durfte in einem der Zimmer schlafen und habe Abendessen und Frühstück bekommen. Für den Gastwirten war das total selbstverständlich, und ich war wirklich sprachlos. Der Wirt hat mir dann erzählt, dass er als junger Mann auch gerne mehr gereist wäre, aber das nicht konnte, weil sein Vater früh verstorben ist und er den Betrieb übernehmen musste. Er wollte mir deshalb helfen und auf eine gewisse Art und Weise ein Teil meiner Geschichte werden. Ich habe mich an diesem Abend – und während meiner Reise ganz oft – einfach von der Welt „aufgefangen“ gefühlt. Wenn ich am ersten Abend im Zelt schlafen hätte müssen, wäre ich wahrscheinlich am nächsten Tag zurück nach München gefahren. Aus diesem Grund war diese Begegnung für mich so wichtig.

 

Alex: Hast du auch noch Kontakt mit Menschen, die du auf deiner Reise kennengelernt hast?

Ja, definitiv – über Facebook oder Whatsapp zum Beispiel. Nicht mit allen, aber hauptsächlich mit Menschen, bei denen ich länger Zeit verbracht habe oder mit denen ich eine tiefere Verbindung aufgebaut habe.

 

Alex: Was steht noch auf deiner „To-Do-Liste“ – möchtest du noch an einen anderen Ort zu Fuß gehen? Oder versuchst du zurzeit, Abenteuer in München zu finden?

Ich war jetzt eigentlich neun Jahre mit Unterbrechungen unterwegs. Für mich ist es zurzeit eher ein Abenteuer, einfach wieder in München anzukommen. Ich habe auch gelernt, dass ich überall Abenteuer finden kann und auch hier ein spannendes Leben führen kann. Aber um das herauszufinden, musste ich halt um die halbe Welt reisen (lacht).


Alex: Helfen dir deine Erfahrungen auch jetzt in schwierigeren Zeiten? Also das Wissen, dass es doch so viele nette und gute Menschen auf dieser Welt gibt?

Ja, meine Abenteuer haben mich als Mensch definitiv sehr verändert. Ich bin dadurch viel extrovertierter und offener geworden. Ich habe nicht damit gerechnet, dass ich so viele schöne Erfahrungen machen darf. Daran bin ich sehr gewachsen, das hat mir viel Kraft gegeben und mit dieser Erfahrung gehe ich auch heute noch auf neue Menschen zu.



Alex: Hast du noch Tipps für unsere LeserInnen? Welche Dinge hast du bei deinen Abenteuern gelernt?

Oft kann es helfen, einfach etwas auszuprobieren. Wer sich (noch) nicht vorstellen kann, lange zu Fuß unterwegs zu sein, kann dies ja mal einen Tag, ein Wochenende, oder eine Woche lang ausprobieren. Außerdem finde ich es immer toll, bei meinen Abenteuern neue Menschen kennenzulernen. Einfach offen auf andere Menschen zugehen kann einem sehr viel Kraft geben. Und natürlich möchte ich noch zum Ende erwähnen, dass ich auch ein Buch über meine Abenteuer geschrieben habe - wer also mehr erfahren möchte, kann dort nachlesen.


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